Ein Gastbeitrag von Klara Krieg
Gastbeiträge sind Beiträge von Personen, die nicht der PANDA-Redaktion angehören. Manchmal treten wir an Autor*innen heran, um sie nach Gastbeiträgen zu fragen, manchmal treten die Autor*innen an uns heran. Gastbeiträge sind persönliche Gedanken der jeweiligen Autorin/des jeweiligen Autors und geben nicht die Meinung der PANDA-Redaktion wieder.

 

Du musst nicht schreien, um die Lauteste zu sein

Respekt, Wertschätzung und Dialog auf Augenhöhe – Attribute der Kommunikation und des Miteinanders, die sich jede*r Berufseinsteiger*in zu erfahren wünscht. Für uns weibliche Millennials sieht die Realität leider oft anders aus. Wie ich selbst und auch mein Umfeld schon erfahren durfte, kann es für uns ganz schön hart sein – als Anfängerin im Tech-Bereich und ganz besonders in Tradition geprägten Branchen. So wird uns in Unternehmen ein gelungener Berufseinstieg oft erschwert. Wieso eigentlich?

Die „jungen Wilden“

Wir sind jung und motiviert, bestens ausgebildet, höchst empathisch und dazu auch noch tech-affin; eigentlich sollten uns doch die Türen offen stehen, oder? Leider nein. Denn wir sind noch etwas Anderes: die „jungen und wilden“ Anfängerinnen, die neu in ein Unternehmen kommen, dessen Strukturen und Prozesse schon seit Jahren bestehen. Diese Strukturen und Prozesse funktionieren auch ohne „die Neuen“. Demnach wird es eher ungern gesehen, dass Altes doch eigentlich auch mal überdacht werden könnte. Mit unseren neuen Impulsen bewegen wir uns mehr oder weniger eloquent in einem Spannungsfeld, welches genauso gut unseren männlichen Kollegen begegnet: frisch von der Uni, der Kopf voller Ideen, viele W-Fragen und neue Ansätze. Nur dass für uns auch noch ein weiterer Faktor hinzu kommt: unser Geschlecht.

Geschlechterklischees?

Das Geschlecht. Wow, dieses uralte Unterscheidungsmerkmal also? Es entscheidet auf welche Toilette wir gehen, welche Kurse wir im Abitur belegen und ob wir im Dunkeln beruhigt nach Hause gehen können. Und es kann sein, dass dieser Faktor auch noch darüber entscheidet, ob wir als vollwertiges Mitglied eines Teams wahrgenommen werden. Versteht mich nicht falsch, ich hatte es bisher schon oft mit tollen männlichen Kollegen zu tun, die mich forderten und förderten. Ohne Vorurteile. Jedoch bin ich auch durch einige unangenehme Situationen gegangen, aus denen ich persönlich gestärkt hervorging – aber dazu gleich mehr. In meinem Umfeld wurde allzu oft von ähnlichen Situationen berichtet: Kolleginnen kommen in Meetings nicht zu Wort, werden nicht ernst genommen oder schlichtweg übertönt. Zudem sollen sie in vorgefertigte Rollenbilder passen. Ein konkretes Beispiel: Als einzige Frau in der Gruppe zur Erstellung eines Software-Artefaktes wird meiner Freundin die Aufgabe der Programmierung des optischen User-Interfaces zugeteilt, weil sie dies als Frau ja „besser könne“. Dass meiner Freundin Backend-Programmieren viel mehr Spaß macht und sie dies auch besser kann, wird nicht akzeptiert. Ihr könnt euch vorstellen, was diese Situation mit ihr gemacht hat.
Wir lernen, in Erwartungsbilder zu passen. Oder wie wir unsere Fähigkeiten, Auftreten und Meinung so hinbiegen, dass sie von außen nicht mehr angreifbar sind. Im schlimmsten Fall entsteht eine Mauer, um unsere Persönlichkeit und Gefühle zu schützen. Hinter dieser Barriere wird leider aber auch ein beachtlicher Teil Potential, Können und Ideen versteckt.

Keiner schenkt Dir eine Bühne – Du musst sie Dir nehmen

Hier müssen wir handeln! Erfahrungen teilen, zusammenhalten und auch über Niederlagen sprechen – alles Maßnahmen, von denen wir gemeinsam profitieren. Erfahrungsgemäß wird es uns selten leicht gemacht, unserer Stimme Gehör zu verschaffen. Keiner wird uns so leicht eine Bühne schenken. Wir müssen sie uns nehmen – und das ohne darauf zu hoffen, dass frau im nächsten Meeting doch bitte nicht die einzige weibliche Person ist. In Männer-dominierten Meetings kann es schnell dazu kommen, dass frau sich mit einer eingeschworenen Gruppe konfrontiert fühlt. Es kann sein, dass Du vor zwölf Personen Dein Projekt vorstellst – als einzige Frau im Raum, dazu noch „jung und wild“, frisch von der Uni. Es kann auch sein, dass die männlichen Meetingteilnehmer dieses Spiel schon länger spielen als Du. Es kann ebenfalls sein, dass sich mitten in Deiner Präsentation zwei der übergeordneten Kollegen unterhalten. Auf guter Zimmerlautstärke, über das aktuelle Produktionsgeschehen, Minuten lang. Und jetzt kann es dazu kommen, dass zwei Dinge passieren und beide liegen in Deiner Macht:

Schweigen oder Handeln

Option eins ist: Du sprichst weiter und versuchst die beiden mit einem Lächeln und den altbekannten Kommunikationstricks (Augenkontakt, demonstrative Gesprächspause, etc.) zu beschwichtigen. Dies kann funktionieren, in vielen Fällen wird das aber nicht reichen. Was passiert? Die Aufmerksamkeit der restlichen Kollegen driftet überall hin, aber nicht zu Deinem Pitch. Einhergehend mit dem Respekt für Dich. Die Rollen im Raum sind nun klar verteilt, Du bestimmst nicht (mehr) die Art der Kommunikation.
Option zwei: schöpfe Dein Portfolio an Kommunikationstricks nicht verzweifelt aus. Pausiere Deinen Vortrag und läute eine kurze Kaffeepause ein. Schnapp Dir beim Rausgehen den Kollegen, der das Gespräch begann und offensichtlich den Respekt vor Dir und Deiner Präsentation als zweitrangig erachtet. Nimm Deinen Mut zusammen und sprich ihn direkt darauf an: sachlich, unemotional und auf Augenhöhe. Hör Dir an, was er zu sagen hat und lass ihn wissen, dass Du ihm für seine Gespräche Raum geben kannst. Dieser ist jedoch nicht während Deines Pitches. Du schätzt seinen Input, jedoch nicht wie er ihn platziert. Im Idealfall kommt Deine Message an und Du erschaffst eine win-win Situation: Der Kollege respektiert Deinen Mut, da Du ihn direkt und sachlich konfrontierst, und Du schaffst Relevanz für Dich und Dein Projekt. Vor allem hast du einen Skill mehr – Du stehst für Dich ein.

„You can do more“

Ich kenne die Selbstzweifel und die innere Hürde. Aber ich habe es ausprobiert und kenne das Gefühl, sich zu überwinden. Ich hatte damit Erfolg und möchte Dich ermutigen, Dich auch zu trauen. Übe solche Situationen! Fühle in Dich hinein wie unangenehm es ist, Dich diesen Situationen zu stellen und setze Dich mit Dir auseinander. Damit gibst Du Dir und Deinem Umfeld die Chance, zu wachsen.
„This goes out to all the women being in a situation, where your value is not seen or appreciated: you can do more!“