In unserer neuen Reihe „Spot on: Kennst Du schon… ?“ stellen wir Dir Persönlichkeiten aus der PANDA Community vor. Im heutigen Spotlight: Julia Dellnitz (PANDA Ambassador rund um die Themengruppe „Agile Leadership“).

Kurz und knapp: Wer bist Du?

Ich bin Julia Dellnitz, Gründerin und Mit-Geschäftsführerin der smidig GmbH in Hamburg. Wir beraten Unternehmen zu Projekt Management und Führung im Tech-Umfeld und begleiten Digitalisierungsvorhaben mit agilen Methoden. Ich habe Ozeanographie und Business Administration studiert, schreibe Fachbücher und engagiere mich in verschiedenen Tech-Communities. 

Du bist Gründerin und Geschäftsführerin der Firma smidig GmbH – wieso hast Du Dich damals dafür entschieden, Unternehmerin zu werden?

Ein Unternehmen wollte ich gründen, seit ich Abitur habe. Das war also ein lang gehegter Traum. Mit Ende 30 hatte ich mir eine weitreichende Beförderung erarbeitet. Nach einer Karriere als Beraterin in einem mittelständischen Beratungsunternehmen sollte ich nun Partnerin werden. Damals hatte ich zwölf Jahre Berufserfahrung, vor allem in internationalen Großprojekten. Ich hatte Führungserfahrung gesammelt, Key Accounts gemanagt, große Budgets verantwortet und auch gut verdient. In den Projekten ging es immer – oder zumindest immer auch – darum, Prozesse IT-seitig abzubilden oder IT-Produkte zu entwickeln. Dabei war agile Produktentwicklung immer mehr in meinen Fokus gerückt und ich wollte mich auch auf Digitalisierungsprojekte spezialisieren, aber mein Umfeld war noch nicht so weit. Als ich dann vor der Entscheidung stand, habe ich also erst mein Herz geprüft, dann meinen Kontostand und dann gedacht: „Ich habe den Traum, das Geld und die Idee – auf geht’s!“

Wie hat sich die COVID-Pandemie auf Deine Arbeit ausgewirkt?

Wir haben als Beratungsunternehmen immer schon viel mobil gearbeitet. Berater*innen reisen viel und Projekte sind oft international oder bundesweit besetzt. Deswegen habe ich zum Beispiel schon 2003 eine Weiterbildung zur E-Learning Moderatorin & Gestalterin gemacht. Auch mein MBA-Studium war vor 20 Jahren schon zu 90% remote und damals schon gut gemacht.

Mit der Pandemie ist das mobile Arbeiten jetzt im Grunde großflächig bei unserer Kundschaft eingezogen. Damit arbeiten wir auch verstärkt in Remote-Formaten. Außerdem reisen wir auch viel weniger als früher, weil die ganze Vor- und Nachbereitung von Workshops oder Projektphasen heute problemlos remote stattfindet. Und wir bieten ganz neue Formate an, weil es zum Beispiel unkomplizierter ist, standortübergreifend zu arbeiten oder sich in hybriden Formaten inhaltliche Remote-Phasen mit sozialen Vor-Ort-Events kombinieren lassen. Es bedeutet auch, dass wir z.B. in Workshops zu Führung auch immer öfter Kompetenzen wie Digital Leadership vermitteln.

Du hast Deine Bücher zusammen mit Kolleg*innen geschrieben. Kannst du uns etwas über diese Erfahrung erzählen? Zum Beispiel Herausforderungen und Vorteile, ein Buch zusammen mit anderen Personen zu schreiben?

Ich habe 2020 im Team mit Jan Gentsch, Dina Sierralta, Nina Niemeyer, Kerstin Wehner und Sana Tornow das Buch „Daily Play. Agile Spiele für Coaches und Scrum Master“ geschrieben und 2023 wieder mit Jan und Dina sowie Sascha Demarmels und Uwe Vigenschow das Buch „Fokus: Das Handbuch für Produkt Owner“. Der Verlag hatte das Spielebuch an mich herangetragen und ich habe gleich gedacht: „Nur im Team!“ Ich arbeite sehr gern im Team und dabei kommen dann auch meistens richtig gute Sachen raus. Und so war es dann auch.

Wir wollten ein Buch schreiben, das sich wie aus einer Feder liest, keine Kapitelsammlung. Tatsächlich haben uns dabei agile Werkzeuge gut geholfen: eine Kanban-Tafel, eine Definition von Tonalität, gemeinsame Arbeitsphasen und ein Daily an den Schreibtagen. Beim zweiten Buch war es einfacher, weil wir aus den Erfahrungen gelernt hatten, wie wir die Kapitel geschickter zerlegen können, wann wir Feedback einholen oder wie wir inhaltliche Entscheidungen schlanker treffen können.

Du hast Ozeanographie studiert und ein Buch über Arbeitsspiele geschrieben. Was genau sind Arbeitsspiele und was ist für Dich die Verbindung zwischen Ozeanographie und Game-Based-Working?

Als ich in den 90ern in Hamburg Ozeanographie, also Meeresphysik, studiert habe, fanden die Vorlesungen in Experimentalphysik in einem Hörsaal direkt neben einem Kindergarten statt und es hieß, dass wir Physiker*innen da genau richtig aufgehoben sind. Da ist was dran: Physiker*innen müssen sehr neugierig sein, komplexe Konstrukte gedanklich durchspielen können, Freude am Experimentieren und Ausprobieren haben, oft Umwege gehen, bereit sein sich auch auf absurd erscheinende Fragen einzulassen, ständig Hindernisse aus dem Weg räumen und viel Fantasie haben. Parallel habe ich in dieser Zeit bei einem Pionier-Unternehmen der Digitalisierung gearbeitet und sogenannte Edutainment Games für CD Interactive (!) mitentwickelt. Als ich angefangen habe viel im Konzernumfeld zu arbeiten, habe ich diese Energie und Kreativität schlicht vermisst und dann angefangen mich mit Arbeitsspielen zu beschäftigen, also mit Spielen, mit denen sich Arbeit auf spielerische Art erledigen lässt.

Warum ist es für dich wichtig, Spielen in die Arbeit zu bringen?

Nehmen wir eine verbreitete Aufgabe: Arbeit im Team priorisieren. Das kann zäh sein. Statt die Arbeit zu erledigen, wird lang diskutiert. Oder eine*r greift durch und alle werkeln im stillen Kämmerlein trotzdem an ihren Lieblingsthemen weiter. Reine Verschwendung! Mit einem Arbeitsspiel wie PrioRunde aus unserem Buch, kannst du diese Aufgabe zufriedenstellend in 20 Minuten lösen, alle beteiligen, ein gemeinsam getragenes Ergebnis herstellen und Spaß macht es auch. Das passiert, weil bewusst Hindernisse eingeführt werden. Damit öffnet sich im Gehirn ein Zugang zu neuen Gedanken. Das Gehirn arbeitet nämlich energiesparend. Es nutzt Muster und Routinen. Hat es diese erstmal erlernt, dann wählt es automatisch diesen Weg, wenn eine Aufgabe, die so ähnlich aussieht ansteht: „Prioritäten setzen kenne ich, das nützt eh nichts, ich schalte ab!“ Wer das ändern will, legt sich ein spielerisches Hindernis in den Weg, kann eingetretene Pfade verlassen und kreative Lösungen entdecken.

Du hast mal einen Stammtisch für agile Frauen in Hamburg gegründet – wieso war es Dir wichtig, dies zu tun?

Ich habe 2018 einen Artikel der Informatikprofessorin Nicola Marsden gelesen. Es ging darum, aus welchen Gründen agile Methoden der Softwareentwicklung Genderaspekte vernachlässigen (können). Erst war ich ziemlich empört über diese Annahme, bin dann aber bei genauerem Hinsehen nachdenklich geworden. Ich bewege mich seit über 30 Jahren nur in sogenannten Männerdomänen und tausche mich selten mit Frauen über mein Fachgebiet aus. Also habe ich ein paar Geschäftsfreundinnen gefragt, wie es ihnen in unserem Feld geht und sie hatten ähnliche Erfahrungen. Wir haben dann angefangen uns regelmäßig in einem Restaurant mit dem wunderbaren Namen „La Chance“ zu Fachgesprächen zu treffen. Während der Pandemie ist daraus eine sehr aktive virtuelle Gruppe geworden. Zum Beispiel haben wir in den ersten Pandemie-Monaten jeden Tag ein offenes Daily gemacht und uns gegenseitig gestärkt und Mut gemacht. Mittlerweile gehört die Gruppe zum PANDA-Netzwerk und hat 168 Mitglieder.

Wie ist es dazu gekommen, dass du PANDA Member geworden bist?

2016 hat mich eine Kundin auf PANDA aufmerksam gemacht. Sie war beim ersten Contest überhaupt dabei und begeistert von den vielen tollen Frauen, die Isabel Hoyer mit PANDA zusammen gebracht hat. Sie war der Meinung, dass ich da unbedingt mitmachen muss, also habe ich mich beworben. Und sie hatte recht. Es war ein tolles und lebendiges Event und ich schätze den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen PANDA-Frauen bis heute sehr. Es ist wirklich ein besonderes Netzwerk.